Ein großer Streitpunkt in der Rechtschreibung ist der richtige Umgang mit Eigennamen – und hier vor allem mit Firmennamen, Marken, Titeln und Produktbezeichnungen. Denn all diese halten sich oft nicht an die Rechtschreibung und Grammatik, gehen „offiziell“ optisch und sprachlich ihre ganz eigenen Wege.
Für den Schreibenden ergeben sich daraus mitunter handfeste Probleme: denn die Eigennamen, die die Rechtschreibung ignorieren, stechen merkwürdig aus den Texten hervor, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und stören den Lesefluss. Genau das wird damit aus Sicht der Firmen auch bezweckt.
Welche Schreibweise würden Sie wählen für die Zeitung, die sich selbst „DIE ZEIT“ nennt?
Doch wer nicht als Werbetexter arbeitet, hat meist andere Interessen, er will gute und fehlerfreie Sätze schreiben. Daher kocht der Streit immer wieder hoch: Wendet man die Schreibregeln trotzdem auf diese kreativ geschriebenen Eigennamen an, deutscht man sie also praktisch ein – oder müssen Marken-/Firmennamen so geschrieben werden, wie die Namensgeber sich das ausgedacht haben? Womöglich selbst dann, wenn sie sich auch grammatikalisch nicht korrekt einfügen? Es ist ein immerwährender Konflikt zwischen bürokratisch anmutender amtlicher Festlegung und dem Sprachgefühl der Rechtschreibenden.
Nach den Rechtschreibregeln ist der Fall eigentlich klar: Eigennamen werden so geschrieben, wie es der Schöpfer des Namens im Sinn hatte. Firmennamen sind Eigennamen und Eigennamen sind eben „etwas Eigenes“. Sie unterliegen nicht den herkömmlichen Rechtschreibregeln, die für allgemein bekannte Wörter und Begriffe gelten. Die amtlichen Rechtschreibregeln sagen es eindeutig, gleich ganz am Anfang in der Einleitung:
Wenn z.B. Eltern den Namen ihres Kindes standesamtlich als KlausDieter eintragen lassen hätten, dann wäre eben KlausDieter richtig – nicht Klaus Dieter oder Klaus-Dieter. Nun werden Firmennamen/Markenzeichen hier zwar nicht ausdrücklich genannt, doch auch diese sind meist amtlich kodifiziert, z.B. durch Eintragungen im Handelsregister oder durch Markenanmeldung. Als Einziges richtig im obigen Beispiel wäre also: „Es stand in DIE ZEIT“.
In § 60 der amtlichen Rechtschreibregeln werden sogar konkrete Beispiele genannt: „neue deutsche literatur“ (konsequent kleingeschrieben) als Bezeichnung für die namensgleiche Zeitschrift ist z.B. korrektes Deutsch, um sie vom Gattungsbegriff der neuen deutschen Literatur abgrenzbar zu machen. In Zweifelsfällen kann man daher sofort erkennen, ob man es mit einem Eigennamen oder regulären Begriff zu tun hat. Eigennamen werden rechtschreibtechnisch, nach amtlicher Lesart, also wie Fremdwörter behandelt. Auch diese bleiben in ihren Originalformen erhalten, solange sie nicht zum Lehnwort mutiert sind. Die normalen Rechtschreibregeln gelten also nicht für Eigennamen.
Bei den Wörterbuchverlagen gehen die Meinungen auseinander, sie geben widersprüchliche oder keine Empfehlungen ab. Im Duden heißt es nur dokumentierend, dass etwa durchgängige Großschreibung als gestalterisches Mittel kontrovers diskutiert und für den allgemeinen Schreibgebrauch abgelehnt werde. Die Wahrig-Sprachberatung wiederum empfiehlt die Schreibweise nach amtlicher Vorgabe.
Wer auf Rechtschreibung und Grammatik achtet, wem Sprachgefühl wichtig ist, wird daher dazu tendieren, auch Eigennamen den Rechtschreibregeln unterzuordnen. Nicht nur aus Prinzip, sondern aus ganz pragmatischen Gründen. Denn oftmals zerstören Eigenschreibweisen die Grammatik, wenn man sie nicht wie gewöhnliche Wörter behandelt. Die lustig geschriebenen Wörter stechen nicht nur ungewollt aus den Texten heraus, sondern führen oft in grammatikalische Sackgassen.
All das wären, würde man die üblichen Rechtschreibregeln anwenden, keine gültigen Schreibweisen. Das erste und letzte Beispiel kollidiert mit der Grundregel der deutschen Sprache, dass Substantive großzuschreiben sind, die ersten vier scheren sich nicht darum, dass es im Deutschen keine Binnenmajuskeln gibt (also mitten im Wort großgeschriebene Buchstaben), und der Bundesverband der Verbraucherzentralen macht wiederum aus einem Wort (Verbraucherzentralenbundesverband) einfach zwei – ohne einen Bindestrich, ein Fugen-N oder Komma zu setzen. Das nötigt vor allem Journalisten immer wieder dazu, haarsträubende Sätze zu schreiben, da weder der Artikel „der“ noch „die“ so richtig passen wollen. Kleingeschriebene Wörter verursachen noch weitere Probleme, denn sie widersetzen sich auch der Regel, nach welcher am Satzanfang großgeschrieben wird – kleingeschriebene Wörter zu Beginn eines Satzes sehen besonders eigentümlich aus.
Witzigerweise halten sich nicht einmal die amtlichen Rechtschreibregeln an sich selbst: In den Beispielen zu § 60 heißt es zum Beispiel:
In § 94 wiederum:
Dabei wäre die korrekte amtliche Schreibweise hier eigentlich DIE ZEIT und DER SPIEGEL, komplett in Großbuchstaben, da es sich um amtlich eingetragene Eigennamen handelt. Die amtlichen Regeln machen hier darüber hinaus Zugeständnisse an die Praxis, indem sie Regeln für die Fälle beschreiben, in denen von der Originalschreibweise abgewichen wird:
Auch in der Wikipedia tobt die Auseinandersetzung beispielsweise seit Jahren – die Mehrheit der Wikipedianer spricht sich aber immer wieder dafür aus, Eigennamen möglichst nach Rechtschreibregeln zu schreiben, nicht nach Phantasieregeln.
Eigennamen in anderen Schreibweisen als gewöhnlich sind also kein Fehler. Allerdings: es ist auch kein Fehler, Eigennamen den Rechtschreibregeln gemäß zu schreiben. Denn dass die Rechtschreibregeln (offiziell) nicht für Eigennamen gelten, heißt nicht, dass die Anwendung der Regeln deswegen verboten wäre.
Sie können die deutschen Rechtschreibregeln selbstverständlich auch auf Marken- und Firmennamen ausdehnen. Zur Erinnerung: die Rechtschreibregeln selbst sagen, dass sie nicht für Eigennamen gelten. Also kann es nach den Regeln auch kein Fehler sein, sie anders zu schreiben als sie normalerweise geschrieben werden – eben gemäß der sonst regulären Rechtschreibung.
Die amtlichen Eintragungen von Eigennamen gelten verbindlich nur für Beamte, und auch für diese nur dann, wenn sie im Dienst sind – der Rest der Sprachgemeinschaft und Beamte in ihrer Freizeit können problemlos nach den üblichen Normen schreiben. Zwar sind auch die allgemeinen Rechtschreibregeln mittlerweile amtlich – allerdings beruhend auf der Entwicklung der Sprache bzw. Rechtschreibung. Diese hat sich über die Jahrhunderte hinweg kontinuierlich geformt, bis sie – maßgeblich durch Konrad Duden und diverse Sprachkommissionen vorangetrieben – ihren heute einheitlichen, konventionellen Zustand erreichte.
Wenn sogar die amtlichen Regeln sich das Recht herausnehmen, die offiziellen Schreibweisen zugunsten der ansonsten normierten Konventionen zu ignorieren, indem sie die offiziellen Bezeichnungen eben nicht in der offiziellen Schreibweise verwenden, dann darf es der normale Bürger erst recht. Eine Firma kann Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie deren Namen und Produkte zu schreiben haben, Marketingabteilungen haben nicht die Kompetenz, spezielle Rechtschreibregeln für die Allgemeinheit zu erlassen. Ein Unternehmen kann daher in seinen Broschüren, Webauftritten, in der geschäftlichen Korrespondenz oder Werbung Eigennamen schreiben wie es will (ohne dabei Rechtschreibfehler zu machen), es kann jedoch niemanden dazu zwingen, es genauso zu tun.
„Die Zeit“ zu schreiben (auch wenn man damit die Wochenzeitung meint) ist also kein Rechtschreibfehler, ebensowenig wie „DIE ZEIT“. Es ist dann lediglich eine Abweichung von der amtlich registrierten Schreibweise, die jedoch für Sie i.d.R. keine Verbindlichkeit hat. Es besteht keine Notwendigkeit, von „DIE ZEIT“ zu sprechen. Sie können sich frei aussuchen, ob Sie lieber die sperrige oder die normale Version nutzen möchten.
Das „legale“ abweichende Schreiben von Eigennamen hat übrigens Grenzen: Wenn Firmenbezeichnungen wieder mit normalen Wörtern gemischt werden, dann gelten selbstverständlich auch wieder die Rechtschreibregeln. Ein Supermarkt von Edeka ist allenfalls ein „EDEKA-Supermarkt“ (mit Bindestrich) – aber niemals ein „EDEKA Supermarkt“. Letzteres wäre keine erlaubte Eigennamenschreibweise mehr, sondern ein eindeutiger Fehler.
Um das Dilemma der kaputten Grammatik oder störenden Schreibweisen zu umgehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man muss dazu nicht gleich Macdonalds schreiben. Doch während man über McDonald's noch hinwegsehen kann, wäre es bei mcdonalds schon unschöner, bei MCDONALDS nervend – und Mc’Do’NaLd’S einfach nur noch lächerlich. Sobald die Firmennamen zu abstrus werden, ist Selbsthilfe angebracht.
Anführungszeichen sind normalerweise dazu gedacht, um etwas zu betonen, nicht, um Fehler zu legitimieren. „Der Spiegel“ in Gänsefüßen bliebe also strenggenommen ein Fehler, wenn man die Zeitschrift meint (denn eigentlich heißt es ja DER SPIEGEL). Außerdem wird der Name dadurch zusätzlich hervorgehoben, was eigentlich nicht gewollt ist. Korrekterweise müsste man eigentlich „DER SPIEGEL“ schreiben, also darauf hinweisen, dass die Großschreibung die Originalschreibweise ist. Dies wird jedoch bereits von der Großschreibung angedeutet, also verdoppelt man die Betonung auch noch. Zudem soll die Verzerrung des Schriftbildes ja gerade vermieden werden. Anführungszeichen suggerieren jedoch gleichzeitig, dass es sich bei dem umschlossenen Begriff um einen korrekten Titel handelt, was hier dann gerade nicht der Fall wäre, würde man einen großgeschriebenen Titel „verkleinern“.
Daher empfiehlt sich folgende Herangehensweise: Anführungszeichen beim ersten Vorkommen des Eigennamens verwenden, möglichst im Original, danach ganz normal weiterschreiben. Auch wenn man von vornherein „falsch“ schreibt (also richtig nach sonstigen Regeln), nimmt man trotzdem Anführungszeichen. Es klingt paradox, ist aber gangbar: man setzt Anführungszeichen, um zu betonen, dass man falsch schreibt, um nach „normalen Regeln“ richtig schreiben zu können.
Anführungszeichen eignen sich also sowohl dann, wenn man „richtig“ schreibt, als auch, wenn man „falsch“ schreibt. Man kennzeichnet damit die Besonderheit des Eigennamens und ggf. gleichzeitig die Falschschreibung des Titels. Einmaliges Hervorheben reicht dabei i.d.R. aus. Man sollte den Leser nicht unterfordern, sonst stellt sich schnell der „Ja-ich-hab’s-kapiert-Effekt“ ein.
Wenn auch die Grammatik flöten zu gehen droht, dann sind auch permanente Anführungszeichen sinnvoll – die Anführungszeichen machen in diesem Falle deutlich, dass solche Begriffe isoliert zu lesen sind, sich ohnehin nicht in den übrigen Text einfügen werden.
Ebenfalls sinnvoll sind permanente Anführungszeichen dann, wenn Begriffe vorkommen, die parallel auch als reguläre Bezeichnungen existieren, die also gleichzeitig Eigenname und allgemeines Wort sind. So vermeidet man Unklarheiten, was gerade gemeint ist.
Da sich der Artikel („... der Zeit“) hier ändert, schreibt man ihn klein. Der Artikel zählt damit nicht zum Eigennamen und wird nicht von den Anführungszeichen mit eingeschlossen.
Auch wenn die Original-Schreibweise durchgängig beibehalten werden soll, sind durchgängige Anführungszeichen angebracht, vor allem dann, wenn Eigennamen im Original kleingeschrieben werden. Dadurch vermeiden Sie, dass die Schreibweise für einen von Ihnen gemachten Tippfehler gehalten wird. So macht man deutlich, dass es sich hier um einen Titel handelt, der die Regeln für Substantive bewusst ignoriert.
Kursiv geschriebene Wörter sind eine Alternative zu den Anführungszeichen. Wie diese betonen sie ein Wort im übrigen Text und machen auf Besonderheiten aufmerksam – in diesem Falle auf die abweichende oder tatsächliche Originalschreibweise.
Keinesfalls sollte man Anführungszeichen und Kursivschrift gleichzeitig verwenden, das wäre doppeltgemoppelt. Auch permanentes Kursivsetzen stört einen Leser schnell und wirkt wie in einem Werbeprospekt – dies ist nur sinnvoll bei zusätzlich grammatikalischen Problemen.
Kapitälchenschreibweise, also Wörter komplett in Großbuchstaben, die dabei jedoch die Dimensionen eines normal geschriebenen Wortes einnehmen, können bei durchgängig großgeschriebenen Eigennamen ebenfalls eine Alternative zu Kursivsetzung oder Anführungszeichen sein. Es wirkt wie ein kleiner Kompromiss: der Eigenname bleibt im Original, sticht aber nicht so stark aus dem Text heraus.
Optisch ist es eine fast perfekte Angleichung an das restliche Schriftbild, doch der Nachteil besteht darin, dass auch Kapitälchen einen betonenden Effekt haben. Daher sollten auch Kapitälchen nicht bei jedem erneuten Vorkommen des Eigennamens verwendet werden – einmal zu Beginn reicht.
Gerade für Namen in Großbuchstaben eignen sich Kapitälchen, um deutlich zu machen, dass es sich bei dem Begriff um einen auszusprechenden Namen und nicht um eine Abkürzung handelt Dadurch kann man die Großbuchstaben beibehalten, sie jedoch optisch etwas entschärfen, und dazu auch noch die Substantiveigenschaft andeuten.
Wenn gar nichts mehr hilft (weil der Eigenname zu sperrig ist), dann hilft nur noch Umschreibung. Man schreibt den Begriff einmalig im Original (in Anführungszeichen, kursiv etc.), danach umschreibt man ihn.
Sie sind als Schreibender Ihren Leserinnen und Lesern verpflichtet, nicht den Rechts- und Markenabteilungen von Firmen. Sogar die amtlichen Regeln wenden auf Produktbezeichnungen die allgemeinen Rechtschreibregeln an. Fehler-Haft.de empfiehlt daher im Zweifelsfall die „korrekte“ Schreibung nach den geltenden Rechtschreibregeln: Großbuchstaben am Wortanfang (und damit gleichzeitig am Satzanfang), zudem durchgehende Großschreibung nur bei Abkürzungen (wenn ein Wort als solches ausgesprochen werden kann, haben weitere Großbuchstaben darin nichts verloren, auch nicht vereinzelt in der Mitte des Wortes). Gegen eine einmalige Kennzeichnung der Originalschreibweise in Anführungszeichen, Kapitälchen oder Kursivschrift spricht nichts, ist aber ebenso kein Muss.
Um auf das eingangs erwähnte Beispiel zurückzukommen: „Es stand in der Zeit“ wäre die von uns empfohlene Schreibweise; korrekte Rechtschreibung wären darüber hinaus auch „es stand in DIE ZEIT“ oder „es stand in der ZEIT“.